Hermann-Hesse-Bahn: Solidarität heißt nicht blinder Gehorsam

„Solidarität“ verlangt der Verkehrsminister von den Akteuren bei der Hermann-Hesse-Bahn. Er muss sich dabei wohl im Wahlkampfmodus befinden, um mit öffentlichem Druck Gefügigkeit zu erwirken und sein einziges Bahnprojekt mit dem „Kopf durch die Wand“ zu verwirklichen.

Er übersieht dabei aber wohl, dass er selbst noch in Erklärungsnot ist, um die verunsicherte Öffentlichkeit im Kreis Böblingen und in der Region die Sinnhaftigkeit des Projekts nahezubringen.

Um eines vorweg klarzustellen: Niemand aus der Raumschaft wendet sich gegen eine Schienenverbindung von Calw nach Weil der Stadt. Die Bedenken richten sich allein gegen einen Parallelverkehr auf dem teilweise eingleisigen Abschnitt Weil der Stadt-Renningen und die Sorge um die Pünktlichkeit der S-Bahn und den Schutz der Anwohner vor Lärm und Abgasen. Genau das aber ist die Aufgabe der gewählten Gremien in den Gemeinden, dem Landkreis und der Region und die lassen sich auch nicht per „0rdre de mufti“ aus ihrer Verantwortung befördern.

Und genau hier beginnen die Fragen, deren Beantwortung der Minister und der Landkreis Calw beharrlich verweigern:

  • In keinem dieser Gremien wurde bisher die so genannte Fahrplanrobustheitsprüfung vorgestellt. Wurde der ganztägige 15 Min.Takt auf der gesamten Strecke der S 6 einbezogen? Wie lässt sich die zur Pünktlichkeitsverbesserung in Weil der Stadt vorgesehene überschlagende Wende verwirklichen? Wurde die bei der S-Bahn übliche 3 Minuten Pünktlichkeit berücksichtigt?
  • Nach dem Willen des Verkehrsministeriums selbst sollen künftig im Ballungsraum dieselbetriebene Fahrzeuge aus Gründen des Schutzes der Bevölkerung  ausgeschlossen werden. Hier werden sie an einem neuen regionalen Wohnungsbauschwerpunkt in 30 m Abstand vorbeigeführt, ohne die Auswirkungen zu prüfen. Wie lässt sich der betroffenen Bevölkerung erklären, dass zur selben Zeit im selben Kreis die dieselbetriebenen Züge auf der Schönbuchbahn abgeschafft und durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden?
  • Der Minister fördert mit Steuergeldern eine unsinnige Investition und unsinnige Betriebskosten für einen Parallelverkehr zwischen Weil der Stadt und Renningen, den niemand nutzen wird, weil der Umstieg in Weil der Stadt auf die S-Bahn bequemer und weniger zeitaufwendig ist. Wie lässt sich eine solche Mittelverbrennung mit dem Gebot des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln vereinbaren?
  • Für Fledermäuse ist mittlerweile eine „Einhausung“ der Tunnels im Kreis Calw vorgesehen. Wie ist es demgegenüber um den Schutz der Menschen bestellt? Ist dabei eine Elektrifizierung zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt noch möglich?

Solange diese Fragen nicht befriedigend beantwortet sind, werden alle Appelle des Ministers ins Leere gehen. Ein neues Nahverkehrsmittel lebt von der Akzeptanz der Bevölkerung. Davon ist, bei den ungeklärten Fragen, die Hermann-Hesse-Bahn im Raum Weil der Stadt und Renningen noch weit entfernt.

Für die Freien Wähler gibt es nur eine vernünftige Lösung um den Kreis Calw an die Region anzubinden: eine Verlängerung der S-Bahn. Die Zeichen dafür sind günstig, wie neueste Untersuchungen ergeben haben. Um dieses Ziel zu erreichen müssen alle unsinnigen Investitionen für eine Hermann-Hesse-Bahn auf dem Abschnitt zwischen Weil der Stadt und Renningen unterbleiben.

Bernhard Maier
Sprecher Verkehrsausschuss Regionalfraktion Freie Wähler