Fragezeichen um die Hermann-Hesse-Bahn

Wahlauftritt statt belastbare Fakten

Rechtzeitig zur Kommunalwahl haben der Landesverkehrsminister Hermann und der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag Schmiedel den „Durchbruch“ bei der Hermann-Hesse-Bahn von Calw nach Renningen verkündet und eine Landesförderung in Höhe von 50 % versprochen. Der Calwer Landrat Riegger spricht von einem „historischen Tag“.

Zunächst wird sich jeder freuen, wenn die Calwer endlich die Chance haben, ihr seit Jahren verfolgtes Projekt, den ÖPNV Schienenanschluss in die Region Stuttgart, zu verwirklichen. Betrachtet man jedoch die Details, wird man um die Feststellung nicht herumkommen, dass es bis dahin noch ein weiter und in vielem ungeklärter Weg ist. Deshalb entpuppt sich der Auftritt der Herren sehr schnell als  billige Wahlwerbung.

Dazu sind zunächst folgende Fakten festzuhalten:

1.       Die HHB verläuft zu einem beachtlichen Teil auf dem Gebiet des Landkreises Böblingen. Dort ist der Landkreis BB Aufgabenträger. Ohne dessen Beteiligung und Mitwirkung, die bisher nicht erkennbar ist, ist das Projekt nicht machbar. Wie sich der Calwer Landrat einen „Durchbruch“ ohne den Landkreis Böblingen vorstellt, bleibt seiner Phantasie überlassen. Ebenso die Frage, ob es klug war, so ein wichtiges Projekt ohne die Einbindung des unverzichtbaren Partners zu verkünden.

2.       Die Nachricht in der Pressemitteilung, das Land übernehme die „Hälfte der Investitionskosten für Strecke und Fahrzeuge“ ist schlicht falsch und erweckt unerfüllbare Hoffnungen. Nach dem LGVFG werden seit Jahren Fahrzeuge nicht mehr gefördert. Auf diesen erheblichen Kosten bleiben die Aufgabenträger alleine sitzen.

3.       Die Aufgabenträger müssen nun erst einmal die Planungen und Untersuchungen an der Strecke vertiefen, Planfeststellungen und umfangreiche Beteiligungen sind erforderlich, der Ausgang ist offen. Am Ende bleibt die bisher unbeantwortete Frage, ob die Bahn überhaupt die Kriterien für eine Kosten-Nutzen-Bewertung besteht. (Standardisierte Bewertung)

4.       Schließlich ist die Belastung der S-Bahn-Strecke Renningen- Weil der Stadt, die zwischen Malmsheim und Renningen eingleisig ist, nach wie vor mehr als fraglich. Würde die HHB bis Renningen fahren, was ja lt. Aussagen geplant ist, kämen bei einem 30-Minuten Takt in der Hauptverkehrszeit  12 Fahrten einschl. S-Bahn zustande. Damit stünde jedem Zug für seine Fahrt zwischen Malmsheim und Renningen im Durchschnitt  ein Brutto-Zeitfenster von 5 Minuten zur Verfügung. Eine derart zeitlich exakte Gleichverteilung der Züge kann die Fahrplangestaltung nicht erreichen; notwendig Erholungszeiten der S-Bahn noch nicht mitgerechnet. Für die Fraktion der Freien Wähler kommt aber eine zusätzliche Belastung des ohnehin am Anschlag befindlichen und verspätungsanfälligen  S-Bahn-Netzes nicht in Betracht.

Als Fazit bleibt deshalb festzuhalten:

Der Schnellschuss des Ministers weckt viele Hoffnungen,  die sich ebenso schnell in Luft auflösen können. Es sind noch mehr Fragen offen als beantwortet.

„So sehr wir den Calwern den Fortschritt gönnen, so sehr müssen wir der Wahrheit halber auch darauf hinweisen. Wegen eines relativ bescheidenen Fahrgastaufkommens und eines fraglichen Umsteigevorteils ohne Zeitgewinn werden wir eine solch ungünstige Beeinflussung des gesamten S-Bahn-Netzes nicht akzeptieren. Die Calwer sind gut beraten, sich in ihren Intensionen auf die Strecke Calw-Weil der Stadt zu beschränken. Auch dafür gibt es noch genug zu tun“ so der Sprecher der Fraktion der Freien Wähler in der Regionalversammlung Landrat a.D. Bernhard Maier.

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