Stellungnahme zum Haushalt 2007 des Landkreises Böblingen durch den Fraktionsvorsitzenden Wilfried Dölker

Sehr geehrter Herr Landrat,

verehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,

sehr geehrter Herr Dittmar,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

das gab es schon lange nicht mehr, dass nach der Einbringung des Haushalts – „kleine Frohbotschaften“ und nicht weitere „Hiobsbotschaften“ – zur Haushaltsplanung zu verarbeiten sind. Ohne Zweifel, die Nachricht: der Haushaltserlass 2007 bringt Mehreinnahmen in beträchtlicher Höhe, ist wesentlich besser zu verkraften, als das Gegenteil.

Trotzdem, der Kreishaushalt 2007 ist alles andere als begeisternd, denn eine Kreisumlage von 40,8 %- Punkten liegt im Vergleich zu anderen Landkreisen, auch rings um Stuttgart, im Jahr 2007 immer noch sehr hoch.

In Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis, vermutlich auch im Kreis Esslingen und im Kreis Göppingen soll die Kreisumlage 2007 gesenkt werden.

Die positiven Veränderungen im Haushalt, die sich im Rahmen der Beratungen bereits angekündigt haben, betragen summa summarum incl. Vermögenshaushalt immerhin rund 4,8 Mio. €.

830.000 € Mehreinnahmen für die Unterbringungskosten nach Hartz IV sind gegenüber dem in der Haushaltsrede geschilderten Risiko schon eine wesentliche Verbesserung und doch ist festzustellen: auch dieser Kompromiss entspricht nicht der ursprünglichen Zusage des Bundes, dass die Städte und Gemeinden mit insgesamt 2,5 Milliarden € jährlich bundesweit entlastet werden sollen, um die Kinderbetreuung zu verbessern. Nach den Berechnungen des Gemeindetags ergibt der jetzt vereinbarte Kompromiss gerade mal eine Entlastung von 1 Milliarde € bundesweit und dies ist auch noch ungerecht zwischen den Bundesländern verteilt.

Saldiert bringen die Mehreinnahmen und Minderausgaben Verbesserungen im Verwaltungshaushalt von immerhin rund 3,3 Mio. €, die zusätzlich dem Vermögenshaushalt zugeführt werden können. Die zusätzlichen Vermögenserlöse für die Kliniken des KVJS bringen nochmals 1,5 Mio. € Mehreinnahmen im Vermögenshaushalt. Also rund 4,8 Mio. € zusätzliches Polster im Kreishaushalt 2007, – unterstellt, es bleibt bei der vorgeschlagenen Kreisumlage von 40,8 %-Punkten.

Das Ziel, eine stabile Kreisumlage zu erreichen, stand der Arbeit der Haushaltsstrukturkommission des Kreistags ganz oben an. Es wurden viele Einsparpotentiale ausgelotet, die in den Haushaltsentwurf auch eingeflossen sind. –

Dabei sollte es bleiben, denn über den Berg sind wir noch lange nicht – trotz der Verbesserung wird es in den nächsten Jahren neue Schulden geben. Allerdings können wir 2007 bei einer konsequenten Absenkung der Kreditaufnahme erstmals seit langem ohne jede Nettoneuverschuldung auskommen.

Um es vorweg zu sagen: die Freien Wähler beantragen trotz des gerade beschriebenen Potentials keine Senkung der Kreisumlage, sondern wünschen auf der Basis von 40,8 %-Punkten die Fortsetzung der konsequenten Sparpolitik. Diese muss mit dem Ziel, die geplante Neuverschuldung des Kreises 2007 deutlich abzusenken, verbunden werden.

Deshalb beantragen wir:

Antrag:

„Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen in §1, Ziff. 2 der Haushaltssatzung wird auf 3.600.000 € abgesenkt“.

Mit diesem Antrag erreichen wir, dass die Verschuldung des Kreises im Jahr 2007 stabil bleibt und nicht weiter anwächst. Laut der uns übersandten Unterlagen will die Verwaltung die Vermögenserlöse in einer Sonderrücklage zurücklegen. Bei allem Charme, den dieser Vorschlag hätte, sind wir überzeugt: ein Verzicht auf eine Netto-Neuverschuldung ist ein klareres Signal der Haushaltskonsolidierung.

An den Hebesatz von über 40 %-Punkten sollte sich der Kreistag nicht gewöhnen. Die Kreisumlage nimmt den Städten und Gemeinden den notwendigen Spielraum zu Investitionen, zum Gestalten vor Ort, zum Ausbau der Kinderbetreuung und zur Planung und gesicherten Vorbereitung auf die Auswirkungen des demografischen Wandels, der in großen Schritten auf uns zu kommen.

Absolutes Kreisumlageaufkommen

Insgesamt werden im Jahr 2007 132,8 Mio. € Kreisumlage erwartet. Gegenüber 147,8 Mio. € im Jahr 2006 ist dies ein Rückgang von knapp 15 Mio. €, bzw. um ca. 4,6 %-Punkte Kreisumlage. Dieser beträchtliche Rückgang lässt sich über die Schlüsselzuweisungen des Finanzausgleichs aber nahezu vollständig ausgleichen.

Der Kreis hat viel Zukunftspotential

Der Kreis ist spitze in Bezug auf Einkommen und Kaufkraft der Einwohner und damit attraktiv für die Wirtschaft. So stand es dieser Tage in der Presse. Aber nicht nur da ist der Kreis Böblingen vorzeigbar. Leider gilt dies nicht für den Kreishaushalt. Der Kreis Böblingen hat das Potential, um noch vieles weiter zu entwickeln. Dazu gehört nach unserer Überzeugung der in großem Umfang erfolgte Ausbau der Bildungseinrichtungen, ein modernes und leistungsfähiges Berufschulwesen und die passende Verkehrsinfrastruktur, deren Defizite allerdings weiter zielstrebig abgebaut werden müssen.

Trotz vieler Risiken, z. B. der ständig wachsenden Lasten in der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs, der schwierigen Entwicklung der Arbeitsplatzangebote im Kreis, der notwendigen Strukturveränderungen in Krankenhäusern, der laufend notwendigen Anpassung von Jugendhilfe- und Sozialhilfeangeboten, u.a.m., können wir noch zuversichtlich nach vorne blicken. Eine optimistische Aufbruchstimmung bringt mehr, als beständiges Jammern. Gerade in stürmischer See gilt:

„In einem wankenden Schiff fällt um, wer still steht, nicht wer sich bewegt“.

Stillstand können wir uns in den vielen Aufgabenfeldern, für die wir zuständig sind, nicht leisten. Weder im Berufsschulwesen, noch im Krankenhauswesen. Weder bei der Verkehrsinfrastruktur, noch bei den Betrieben, darf es beim Status Quo bleiben. Stillstand wäre überall Rück- und nicht Fortschritt. Ängstliches Beharrungsvermögen löst keine Probleme – es schafft nur neue.

Auch der IHK-Konjunkturbericht vom Oktober 2006 vermittelt uns berechtigte Hoffnung und Zuversicht. Dort heißt es u. a.:

Die kräftige konjunkturelle Expansion hat sich in der Region Stuttgart auch im Herbst 2006 weiter fortgesetzt“ – und:

„Die Zukunftserwartungen der regionalen Wirtschaft bleiben weiterhin zuversichtlich“.

Es wird mit weiter steigenden Exporten gerechnet.

Dazu herzliche Gratulation und Glückwunsch an unsere regionale Wirtschaft, denn ohne deren Erfolge könnten wir nicht erfolgreich für eine gute Infrastruktur im Kreis und in den Gemeinden sorgen. Es ist bemerkenswert, dass es die Betriebe auch in schwieriger Zeit schaffen, auf dem Weltmarkt zu bestehen. Dies gelingt ihnen nur, wenn sie hohe Qualität, ständige Innovationen und eine große Liefertreue garantieren können.

„Im Landkreis Böblingen haben wir beste Standortbedingungen für die regionale Wirtschaft. Hier zu investieren, das lohnt wieder, denn aktuell erfolgt im Norden des Kreises der lange ersehnte Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Bereich der B 295, der B 464, Renningen – Böblingen-Hulb, und der A 8“.

Leider fehlen in dieser Aufzählung jetzt noch der Ausbau der A 81 zwischen Böblingen-Hulb und Sindelfingen-Ost sowie die S 60. Der Straßenabschnitt der A 81 ist für die weitere Entwicklung unserer regionalen Wirtschaft zwingend notwendig. Es ist zwar erfreulich, dass dieser Bauabschnitt nun noch in den im aktuellen Investitionsrahmenplan des Bundesverkehrsministeriums aufgenommen wird, unser Druck, bald zu bauen, darf aber nicht nachlassen.

Genauso dringend ist der Weiterbau der B 464, Ortsumfahrung Holzgerlingen, bis Holzgerlingen-Süd. Auch dort gibt es klare Zusagen des Bundes, im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Westumfahrung Böblingen auch die Umfahrung Holzgerlingen zu bauen.

Der Ausbau der A 81 wäre für die weitere Entwicklung des „Flugfeldes“ in Böblingen und Sindelfingen ein wichtiges Signal. Wir brauchen diesen leistungsfähigen Anschluss an das Autobahnnetz, den Abbau der täglichen Staus, um den Wirtschaftsstandort weiter zu stärken. – Dazu zählt für uns dann auch der baldige Betrieb der S 60.

Wir beantragen:

Antrag:

„Der Kreistag möge, z. B. in einer Resolution, die Forderung zum baldigen Weiterbau A 81 zwischen Böblingen-Hulb und Sindelfingen-Ost, sowie den Weiterbau der B 464, Ortsumfahrung Holzgerlingen, erneut einfordern.“

Vollbeschäftigung für die Menschen im Kreis gibt es nur, wenn es auch Arbeitsplätze vor Ort gibt. Deshalb wünschen wir dem Zweckverband „Flugfeld“ eine rasche, erfolgreiche Besiedlung dieses regional bedeutsamen Gewerbegebiets.

Es sollte gelingen, viele Betriebe dazu zu motivieren, hier im Kreis zu investieren und hier neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wer dies tut, der nutzt die Standortgunst, die uns ja gerade wieder bundesweit bescheinigt wurde.

Leider gab es im Laufe des Jahres zum Thema „Arbeitsplätze“ im Kreis kräftige Rückschläge. Die großen Betriebe bauen Arbeitsplätze ab. Teilweise werden trotz wirtschaftlicher Erfolge Arbeitsplätze abgebaut. Da ist die Frage notwendig: wann wird es den großen Firmen, den Managern in Deutschland wieder bewusst, dass nur Menschen, die arbeiten, die selbst Zukunftsperspektiven haben, investieren und kaufen können?

Eine positive Einstellung zum Ausbau der Beschäftigung bleibt vordringlich. Ich wünsche mir mal wieder den Tag, an dem die Aktienkurse steigen, weil der Vorstand verkündet: Wir schaffen neue Arbeitsplätze!

Ich weiß, das ist auch für uns ein schwieriges Spannungsfeld, denn wir predigen Dritten, Arbeitsplätze zu schaffen und haben selbst das Problem, dass die Kosten in den Kreiskliniken reduziert werden müssen.

Auch hier gilt für uns: wir wollen in die Erfolgsspur kommen und viele Arbeitsplätze erhalten. Dies bedarf gemeinsamer Anstrengungen aller Beteiligten – nicht Frust – Zuversicht und Motivation sind gefragt.

Arbeit der Haushaltsstrukturkommission

Der Kreistag hat vor einem Jahr fraktionsübergreifend die Einsetzung einer Haushaltsstrukturkommission beschlossen. Die gemeinsame Arbeit in der Haushaltsstrukturkommission war erfolgreich. Der Konsens und der gemeinsame Sparwille aller Kreistagsfraktionen hat Erfolge gebracht. Diese gemeinsame Grundeinstellung bleibt notwendig.

Die begonnene Arbeit der Haushaltsstrukturkommission ist aus unserer Sicht nicht abgeschlossen. Insbesondere im Sozial- und Jugendhilfebereich bleibt eine strenge Kostenkontrolle nötig.

Antrag:

„Wir beantragen, dass die Verwaltung im 1. Vierteljahr 2007 über die noch offenen Punkte der Beratungen der Haushaltsstrukturkommission berichtet.

Dieser Bericht sollte im Verwaltungs- und Finanzausschuss des Kreistags vorgelegt werden“.

Es wäre fehlerhaft, wenn wir angesichts der leicht verbesserten Situation Sparbeschlüsse wieder aufheben würden. Gerade im Sozial- und Jugendhilfeetat bedarf es weiterer Anstrengungen, um die davonlaufenden Kosten wirksam zu begrenzen.

Entwicklung der Steuerkraft in den Städten und Gemeinden

Die Steuerkraftsumme der Städte und Gemeinden im Landkreis Böblingen ist 2006 gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Nach Einrechnung der Steuerschätzung vom November 2006 gehen wir davon aus, dass die Steuerkraftsumme gegenüber dem Ansatz in der mittelfristigen Finanzplanung um mindestens 10 – 15 Mio. € höher liegen wird. Auch für 2007 gibt es derzeit Grund zum Optimismus.

Es lässt sich deshalb schon jetzt feststellen: 2008 wird es für den Kreis bei einem gleichbleibenden Kreisumlagesatz zu deutlichen Zuwächsen bei der Kreisumlage kommen.

Ein absolutes Kreisumlageaufkommen in Höhe von ca. 148 € könnte erreicht werden und damit Spielraum, die 2008 geplante Verschuldung ebenfalls zu reduzieren. Allerdings dürfen wir auch das Ziel, die Kreisumlage wieder abzusenken, nicht aus den Augen verlieren – auch das ist eine Option, die wir offen halten werden.

Die aus unserem Antrag resultierenden niedrigeren Schulden entlasten den Haushalt bei 5 % für Zins und Tilgung übrigens um ca. 200.000 € im Jahr.

Zur Verschuldung des Landkreises haben Sie, Herr Landrat, in Ihrer Haushaltsrede betont, der Landkreis Böblingen sei vergleichsweise hoch verschuldet.

Dies trifft zu. Es ist auch unser oberstes Ziel, die Schulden des Landkreises abzubauen, bzw. den Anstieg wirksam zu begrenzen.

Es bringt uns allerdings nichts, die Verschuldung des Kreises mit der Fremdverschuldung der Gemeinden zu vergleichen. Obwohl eine ganze Reihe von Städten und Gemeinden im Kreis weitgehend schuldenfrei sind, können einige ihre Verwaltungshaushalte nicht ausgleichen. Viele Städte und Gemeinden leben nach wie vor von ihrer Vermögenssubstanz – selbst solche, die in der Steuerkraft weit vorne liegen.

Die hohen Umlagen von Kreis, Land und Region, ständig neue Aufgaben und vergleichsweise nur verhalten ansteigende Einnahmen, haben längst zu einer Schieflage in den Haushalten der Städte und Gemeinden geführt. Die 2006 sprudelnden Steuereinnahmen mildern dies nur ab, sie führen keinesfalls zu einer dauerhaften Tendenzwende.

Das geplante neue Haushaltsrecht, mit doppelter Buchführung, wird zeigen, dass die Abschreibungen für die kommunalen Investitionsgüter im laufenden Haushalt längst nicht mehr erwirtschaftet werden können.

Die Schulden des Landkreises sind die Schulden der Gemeinden – das stimmt. Die Gemeinden kommen über die Kreisumlage für den Schuldendienst des Landkreises als Solidargemeinschaft auf.

Wenn man so will, dann könnte man auch feststellen: nur die gemeinsame Verschuldung beim Kreis ermöglicht es, dass die steuerstarken Gemeinden die schwächeren Gemeinden interkommunal unterstützen, weil diese dann einen relativ höheren Anteil am Schuldendienst des Kreises übernehmen. Eine Verlagerung der Verschuldung vom Kreis auf die Gemeinden lehnen wir daher ab.

Finanzausgleich im Land

Zum Ausgleich des Landeshaushaltes greift das Land in den kommunalen Finanzausgleich mit 395 Mio. € jährlich ein. Dazu kommt eine pauschale Kürzung von 10 Mio. € für verschiedene Leistungen im Finanzausgleich und die Spitzabrechnung mit 4 Mio. € (Länderfinanzausgleich). Also müssen die Kommunen im nächsten Jahr den Landeshaushalt über den Finanzausgleich mit 413 Mio. € zusätzlich subventionieren. Trotzdem steigen die Finanzausgleichsleistungen, weil das Gesamtaufkommen aus Steuerzahlungen, sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene sich beträchtlich verbessert hat.

Der Eingriff des Landes in den kommunalen Finanzausgleich ist – obwohl man sich zwischen den kommunalen Verbänden und dem Land auf diese Linie geeinigt hat – ein Eingriff. Es bleibt festzustellen: die Kommunen helfen dem Land, seinen Haushalt zu konsolidieren – und das bei ständig wachsender kommunaler Aufgabenlast.

Gewerbesteuer muss bleiben

Der aktuelle Anstieg der kommunalen Steuereinnahmen ist zum Großteil auf das steigende Gewerbesteueraufkommen zurückzuführen. Die Gewerbesteuer steht bei der Unternehmenssteuerreform in Berlin erneut auf dem Prüfstand.

„Im Grundgesetz gesichert, und doch nicht sicher“ – so könnte man dazu sagen. –

Auch wenn die Unternehmenssteuerreform erst ab 2009 kommen soll, stellen wir fest: die Gemeinden sind weiterhin auf ein stabiles Gewerbesteueraufkommen angewiesen.

Alle Eingriffe, die in das Gewerbesteueraufkommen erfolgen, müssen daher zugunsten der Kommunen wieder ausgeglichen werden.

Länderfinanzausgleich / Verschuldung von Land und Bund

Die Forderung des Landes Baden-Württemberg zu Veränderungen im Länder-Finanzausgleich ist berechtigt. Es ist einfach falsch, dass die Länder, deren Steueraufkommen, auch Dank eigener Kraftanstrengungen, über dem Durchschnitt liegt, soviel in den Länderfinanzausgleich einzahlen müssen, dass sie am Ende schlechter dastehen, als die Empfängerländer.

Solange dies so ist, bleibt immer die Frage im Raum: Wozu dann anstrengen? – Und wozu eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik im Land?

Das Ziel des Landes, seine eigene Verschuldung endlich zu begrenzen, wird hoffentlich Realität. Die Staatsverschuldung auf Bundes- und Landesebene hat ein Niveau erreicht, das nicht mehr nachvollziehbar ist. Insgesamt rd. 1,5 Billionen € oder rd. 18.750 € je Einwohner – am Kreis Böblingen liegt das sicher nicht.

Es ist daher nicht verständlich, dass der Bund einen Teil der Verbesserungen im Steueraufkommen 2006 sofort wieder dazu verwendet, neue Wohltaten zu verteilen.

Verwaltungsreform

In der Anlage 16 zum Haushalt werden die Auswirkungen der Verwaltungsreform dargestellt. Aus unserer Sicht bleibt festzustellen, dass der Budgethaushalt es zukünftig kaum mehr zulässt, wirksam zu kontrollieren, wie sich die Verwaltungsreform tatsächlich auswirkt. Bis jetzt ist es wohl gelungen, die Effizienzrendite zu erwirtschaften. Trotzdem muss es eine wichtige Aufgabe der Verwaltung bleiben, auf die weitere Kostenentwicklung streng zu achten.

 

Aufgabenabbau

Die in Zusammenhang mit der Verwaltungsreform allseits geäußerte Absicht, neben Verwaltungsstrukturen auch Aufgaben zu überprüfen, führte leider noch zu keinem Ergebnis. Auf allen Ebenen wird ständig von Bürokratieabbau geredet, getan wird jedoch nichts – oder wenig.

Wir fordern weiterhin, dass neben der organisatorischen Veränderung der Verwaltung nun der Aufgabenabbau folgen muss.

Wir beantragen deshalb:

Antrag:

„Die Kreisverwaltung möge aus eigener Sicht Aufgaben auflisten, deren Abbau der Kreistag vom Land einfordern kann. Denn, der Verwaltungsreform muss nun auch ein zielgerichteter Aufgabenabbau folgen“.

Personalkosten / Personalhaushalt

Es bleibt leider notwendig, alle frei werdenden Personalstellen nicht neu zu besetzen.

An dieser Stelle möchte ich allerdings feststellen: „Auf dem Landratsamt wird, trotz der seit Jahren anhaltenden Einsparungen im Personalhaushalt, eine gute Arbeit geleistet. Ein herzliches Danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landratsamt für ihre positive Einstellung und für die gute und erfolgreiche Arbeit.

Auch im Jahr 2007 sollen weitere Stellen (insgesamt 8 Stellen) abgebaut werden, denn nur so lassen sich die Vorgaben der Verwaltungsreform langfristig absichern. Wir bitten die Verwaltung allerdings darum, alle Ausbildungsmöglichkeiten auszunutzen und so weit möglich, ausgebildete Kräfte auch, zumindest in Zeitverträge, zu übernehmen.

Unterhaltung von Gebäuden und Einrichtungen

Für den Unterhalt der öffentlichen Einrichtungen, insbesondere in den Kreisschulen wird im Jahr 2007 vergleichsweise kräftig investiert. Wir akzeptieren: die Maßnahmen sind notwendig. Ein weiterer Qualitätsverlust in unseren Gebäuden wäre eine Belastung der Zukunft, die wir vermeiden müssen.

Jugendhilfe und Soziales

Der Jugendhilfe- und Sozialhaushalt im Einzelplan 4 mit einem Gesamtvolumen von 148,33 Mio. € und einem Zuschussbedarf von 117,97 Mio. € ist für den Kreishaushalt nach wie vor das bestimmende Element. Die Kreisumlage wird zu fast 90 % für die Finanzierung dieser Aufgabenbereiche benötigt.

Bedenkt man, dass diese Ausgabenelemente im Kreishaushalt zum großen Teil fremdbestimmt sind, und von uns nur unwesentlich gestaltet werden können, zeigt sich, wie wichtig es wäre, Aufgaben und Finanzverantwortung zusammenzuführen.

Im Rahmen der Möglichkeiten wurden im Kreis durchaus Erfolge erzielt. Die Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung steigen laut Plan 2007 erstmals seit vielen Jahren nicht weiter an. Die Maßnahmen vor Ort zeigen Wirkung.

Allerdings bleibt klar: mehr als eine Stagnation oder allenfalls ein geringer Rückgang der Jugendhilfekosten ist nicht erreichbar.

Im Sozialbereich muss es im Rahmen der Möglichkeiten Wege geben, ebenfalls eine Begrenzung der Ausgaben zu erreichen. Die durch Bundesgesetze übertragenen Lasten können wir auf Dauer kaum tragen. Ein exemplarisches Beispiel bleibt auch die Grundsicherung. Die Belastung des Kreises beträgt im nächsten Jahr 8,2 Mio. €; ursprünglich hieß es vom Bund: die Grundsicherung bleibt für die Kommunen kostenneutral.

Zusagen des Bundes sind meist das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Leider kommt die Klage des Landkreistages gegen das Grundsicherungsgesetz beim Bundesverfassungsgericht wohl nicht richtig voran. Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass es verfassungswidrig ist, per Bundesgesetz Lasten auf die kommunale Ebene zu übertragen. Mit dem Konnexitätsprinzip oder dem Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ hat dies jedenfalls nichts zu tun.

Erfreut haben wir zur Kenntnis genommen, dass auf Landesebene Überlegungen bestehen, das Konnexitätsprinzip, das ja schon in der Landesverfassung steht, wirksamer und klarer zu definieren.

Öffentlicher Personennahverkehr – Finanzierung / Aufgabenverantwortung

Rund 7 %-Punkte Kreisumlage entfallen auf den Öffentlichen Personennahverkehr. Damit sind die Aufwendungen des Landkreises um ein vielfaches höher, als z. B. im angrenzenden Landkreis Calw. Weshalb?

Das Leistungsangebot im Landkreis Böblingen und in der Region Stuttgart ist gut. Niemand möchte zurück zum früheren Status, als man für jede Fahrt extra Fahrkarten lösen musste. Aber es wird immer deutlicher: in der Kosten-, Aufgaben- und Finanzverteilung, da gibt es erhebliche Probleme.

Die Verbundstufe II, die kostet uns gewaltig viel Geld.

Die Aufgabenverantwortung der Region Stuttgart, ohne die entsprechende Finanzverantwortung dazu, führt dazu, dass man dort sehr einseitig die Leistungen, das Angebot und nicht die Kosten sieht. Ganz aktuell wird dies beim Vorhaben der Region Stuttgart, den Nachtbusverkehr zu ergänzen, deutlich.

Wir im Kreis Böblingen haben auf Vorschlag der Haushaltsstrukturkommission beschlossen, die Eigenanteile für die Schülerbeförderung für alle Schularten zu erhöhen, haben das Rufauto wesentlich verteuert, Busverkehre in Schwachlastzeiten ausgedünnt und sind bisher nie auf die Idee gekommen, Nachtbusse abseits der S-Bahnlinien einzuführen. Die Region Stuttgart beschließt nicht nur, Nachtbusse fahren zu lassen.

Nein, man findet dort, eine kostendeckende Tarifierung dieser Nachtbusse sei nicht umsetzbar oder gar populistisch. Wenn dies populistisch ist, dann stehen wir dazu, denn im Vergleich mit unseren Sparbeschlüssen, ist die Position der Regionalversammlung einfach unverhältnismäßig.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Verantwortung für die Finanzen nicht bedacht wird. Es wäre zumindest richtig, wenn die Regionalversammlung in einem solchen Fall vor der Entscheidung eine Stellungnahme der Landkreise einholen müsste, damit auch die Finanzverantwortung ausreichend gewürdigt wird.

Wir sind überzeugt, ein ergänzendes Angebot für Nachtbusse ist machbar, aber es muss dafür ein Tarifzuschlag erhoben werden, der die Mehrkosten deckt. Nachdem laut Aussage der Region die Nachtbusse voll sind, ist ein solcher Nachtzuschlag problemlos möglich. Auf unseren Antrag zu diesem Punkt verweisen wir.

Ein weiteres Beispiel, wie sich das Auseinanderfallen der Kosten- und Finanzverantwortung auswirkt, ist die Finanzierungszusage der Region Stuttgart zu „Stuttgart 21“. Die Regionalversammlung hat hier ohne jeden Vorbehalt signalisiert, dass sie 30 Mio. € zusätzlich aufwenden würde, um „Stuttgart 21“ mit zu finanzieren.

Die Maßnahmen zu „Stuttgart 21“ sind auch aus unserer Sicht notwendig.

Es ist aber nicht akzeptabel und verständlich, dass Bundes-verkehrsminister Tiefensee vom Land und der Region immer höhere Kostenbeteiligungen einfordert.

Der Bund muss für „Stuttgart 21“ in gleicher Weise investieren, wie er es in die Verkehrsinfrastruktur-Projekte in den neuen Bundesländern bereits getan hat.

„Stuttgart 21“ ist zudem eigentlich ein „Baden-Württemberg 21“. Es wäre richtig, den zusätzlichen kommunalen Finanzanteil nicht nur von den Städten und Gemeinden rings um Stuttgart bezahlen zu lassen, sondern auch diejenigen, die ebenso Vorteile haben, mit zu beteiligen. Dies sind z. B. Heilbronn, Tübingen, Reutlingen, Ulm, Mannheim, Karlsruhe und viele andere mehr. Sie profitieren von dieser Planung genau so, wie Stuttgart und Umgebung.

Wir sind überzeugt, es wäre richtiger, den zusätzlichen kommunalen Anteil über den Finanzausgleich zu finanzieren und nicht auf die Region Stuttgart abzuladen. Es ist für uns unverständlich, weshalb die Regionalversammlung sich diesem Anliegen gegenüber nicht offen positioniert. Auch die berechtigte Forderung, dass diese zusätzliche Kostenbeteiligung der Landkreise zum Anlass genommen wird, das Finanzierungssystem des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Region zu überprüfen, wurde nicht aufgegriffen.

Deshalb beantragen wir:

„Der Kreistag fordert, die Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Region Stuttgart umfassend zu überprüfen und: Die Regelungen der Einnahmezuscheidung aus Fahrgeldeinnahmen sind den geänderten Bedingungen anzupassen.“

Denn, es kann nicht sein, dass z. B. im Rahmen der Einnahmezuscheidung auf den Landkreis für zusätzliche Verkehrsleistungen nur 20 % der Fahrgeldeinnahmen entfallen. Dies gilt insbesondere beim Beispiel „Schönbuchbahn“.

Auf die weitere Begründung des Antrags verweise ich.

Vermögenshaushalt 2007

Die für die aktuellen Verkehrsprojekte, den Ausbau der A 8, der B 464 und der B 295, hat sich der Kreis in den vergangenen Jahren mit Nachdruck eingesetzt. Auch der Ausbau der A 81 zwischen Böblingen-Hulb und Sindelfingen-Ost ist dringend notwendig. Ebenso der Weiterbau der B 464 auf der Ortsumfahrung Holzgerlingen.

Pflegeheime

Für uns bleibt wichtig, dass der Kreispflegeplan mit dem Bau der dezentralen Pflegeheime in den Städten und Gemeinden Heim um Heim oder Zug um Zug fortgesetzt werden kann. Deshalb begrüßen wir es, dass sich das Land erneut dazu bekannt hat, das Förderprogramm fortzuführen. Die nach dem Kreispflegeplan notwendigen Heime im Kreis Böblingen werden vom Landkreis mitfinanziert, sobald sie in das Landesprogramm aufgenommen wurden.

Neue Straßenbaumaßnamen

Nordumfahrung Darmsheim

Das Projekt ist noch nicht finanziert. Wir haben uns in der Klausursitzung mit der „Nordumfahrung Darmsheim“ gründlich befasst. Die Verkehrsbelastung in Darmsheim macht einen Ausbau dringend erforderlich. Es bleibt jedoch vorweg festzustellen: dies ist eigentlich eine Aufgabe des Landes und es ist nicht legitim, dass das Land die Verpflichtung und die damit verbundenen Kosten, zumindest teilweise, kommunalisieren möchte.

Bevor der Kreistag sich zu über eine Kostenbeteiligung unterhält, ist nach unserer Überzeugung eine verbindliche Zusage des Landes zum Baubeginn notwendig. Dazu ist es auch erforderlich, dass die Gesamtkosten, incl. der notwendigen Verlagerungsarbeiten im Steinbruch, ermittelt werden.

Schon jetzt weisen wir darauf hin, dass aus unserer Sicht für die Finanzierung eines eventuellen Kreisanteiles keine andere Vorgehensweise wie bei den Ortsumfahrungen gewählt werden kann. Eine Vorfinanzierung des kommunalen Anteils durch die Stadt Sindelfingen würde deshalb notwendig.

Osttangente Böblingen

Hier sind wir der Auffassung, dass die tatsächliche Verkehrsentwicklung weiter beobachtet werden muss. Die zunehmende Verkehrsbelastung zeigt allerdings, dass eine zeitnahe Planung dringend nötig ist. Ein Ausbau in Anlehnung an die Ortsumfahrungsrichtlinien für Kreisstraßen ist zu prüfen.

Möglicher Verkauf der Pflegeheime in Herrenberg und Leonberg

Die zwei Altenpflegeheime Herrenberg und Leonberg sind die letzten Pflegeheime, die sich im Eigentum des Landkreises befinden. Mit der Diakonieschwesternschaft in Herrenberg wird seit Jahren über einen möglichen Kauf / Verkauf dieses Heimes verhandelt.

Aus unserer Sicht sollte geprüft werden, ob es auch andere Investoren, als die derzeitigen Betriebsträger, für die Pflegeheime gibt.

Deshalb beantragen wir:

Antrag:

„Die Verwaltung wird beauftragt, zu prüfen, ob es für einen möglichen Kauf der Pflegeheime in Herrenberg und Leonberg private Investoren, unabhängig von den derzeitigen Betriebsträgern, gibt“.

Liegenschaftsverwaltung

In der Haushaltsrede wurde angedeutet, dass das Liegenschaftsamt die Verwaltung der Personalwohnungen der beiden Krankenhausgesellschaften innehat. Sie, Herr Landrat, haben ausgeführt, dass es bezüglich des EDV-Programms für das Facility-Management noch Probleme gibt.

Aus unserer Sicht ist zu prüfen, ob die Vergabe des Facility-Managements für die Wohnungsverwaltung an private Dritte Kostenvorteile bringen würde“.

Kreiskliniken

Als wir im Sommer diesen Jahres die Fusion der Krankenhäuser, den Zusammenschluss der Kliniken zwischen Böblingen und Sindelfingen, beschlossen haben, waren wir zuversichtlich, schnell eine Basis zu finden, die uns zukunftsfähig macht und eine schwarze Null bei den Betriebsergebnissen zu erreichen. Leider haben die Tarifabschlüsse für die Ärzte und das Klinikpersonal dies sehr erschwert.

Das Ziel, spätestens 2009 ausgeglichene Betriebsergebnisse zu erreichen, muss aufrecht erhalten werden. Zuweisungen aus dem Kreishaushalt sind nach unserer Überzeugung nicht möglich.

Wir bitten zudem darum, bei allen Überlegungen zur wirtschaftlichen Führung der Krankenhäuser auf ein gutes Pflegeniveau zu achten.

Wohnungen der Krankenhäuser

Die Krankenhäuser haben einen beachtlichen Wohnungsbestand. Diese sind dem Eigenbetrieb „Krankenhäuser / Liegenschaften“ zugeordnet.

Zu diesem Punkt beantragen wir:

Antrag:

„Die Kreisverwaltung wird beauftragt, eine gutachterliche Bewertung, die die Vor- und Nachteile eines eventuellen Wohnungsverkaufes analysiert, in Auftrag zu geben. Im Verwaltungs- und Finanzausschuss ist diese Bewertung vorzulegen und zu beraten“.

Noch kurz ein Wort zum

Abfallwirtschaftsbetrieb

Der Abfallwirtschaftsbetrieb befindet sich im ruhigen Fahrwasser. Es war richtig, für die Deponienachsorge frühzeitig Rücklagen zu bilden und auf eine langfristige Gebührenstabilität zu achten.

 

Zusammengefasst:

  • Für uns bleibt wichtig, dass sich der Kreis vorrangig für ein modernes, leistungsfähiges Berufsschulwesen einsetzt und dieses realisiert.

 

  • Die vorausschauende Planung des Kreistags hat es ermöglicht, die Kreisumlage auch im Jahr 2007 bei 40,8 %-Punkten zu belassen.

 

  • Die Haushaltsstrukturkommission hat gute Arbeit geleistet. Die zunächst zurückgestellten Fragen sind im nächsten Jahr weiter zu behandeln.

 

  • Es bleibt dabei: das Konnexitätsprinzip muss wirksam vom Bund und Land beachtet werden. Wir brauchen das klare Prinzip – „Wer bestellt, der bezahlt“.

 

  • Alle Verbesserungen der Kreisfinanzen müssen dazu verwendet werden, die Verschuldung des Kreises zu reduzieren.

 

  • Wir anerkennen, die Verwaltung arbeitet motiviert, sie hat unsere Sparvorgaben in vielen Bereichen erfolgreich umgesetzt und wir können trotz schwieriger Ausgangslage feststellen: so schlimm, wie befürchtet kam es dann doch nicht.

Dank

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen, Herr Dittmar, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei, aber auch in allen Dezernaten des Landratsamtes für die gute und engagierte Arbeit herzlich danken.

Es ist Ihnen im vergangenen Jahr gelungen, die Vorgaben des Kreistags zur Umsetzung des Haushaltsplanes erfolgreich zu realisieren.

Dies wünschen wir uns auch für 2007.

Wilfried Dölker

Fraktionsvorsitzender

20.11.2006